Afrika und moderne Malerei (1993)

Rückblick auf meine Ausstellung im Atelier Spieserhus in Rheinfelden 1993, Basler Zeitung-20.11.1993 Nr. 272

Rheinfelden. tex. Konzentriertes Wissen aus 36jahriger Sammlerleidenschaft beeindruckt. Die sechste Ausstellung des „Atelier Spiserhus“, im Herzen der Altstadt Rheinfeldens, haben Madeleine und Jean-Jacques Keller sorgsam zusammengetragen. Gezeigt werden Marionetten und Exponate unterschiedlichster Kulturen. Aussagekräftige Marionetten aus Afrika und Asien stehen sich reizvoll in atmosphärischer Stimmung gegenüber. Daneben gut ausgeleuchtet die moderne Malerei von Jan Niksinski. Der introvertierte, zurückhaltende polnische Künstler rundet mit seinen Arbeiten den Gedanken der Ausstellung ab. Sensibel fängt er mit Pinsel und zarter Schwarz-Weiß-Farbgebung die Einheit hinter den Gegensätzen ein. Die schöpferische Aussage, der gemeinsame Nenner verschiedenster Kulturen, fasziniert. Eine Ausstellung, bei der es sich lohnt, viel Zeit zu investieren, um einmal genau hinzuschauen.

Einen bedeutenden Platz nehmen die Marionetten aus der Sammlung Angele und Alain Larem ein. „Wir möchten, dass der Zuschauer beginnt mitzuleben und sich neue Horizonte erschließt“, bringen Madeleine und Jean-Jacques Keller ihre Arbeit im Rheinfelder Atelier auf den Punkt. Die ungebrochene Lebensfreude anderer Kulturen und die Vielgestalt der Ausdruckskraft ist spürbar Ein ganzes Welttheater eröffnen die bunten Marionetten, die nicht nur zur Belustigung, sondern auch zur Kritik an der Gesellschaft einstmals auf der großen Theaterbühne spielen durften. Nicht bekannt sind die Marionetten des Schwarzen Kontinents, obwohl die Puppenspiele der Bozo bereits im 14. Jahrhundert erwähnt sind. Noch heute spielen in Mali die handgearbeiteten Figuren eine wichtige Rolle. Sei es zu rituellen Zwecken, sei es zur Belustigung für die Jugend, mit gleichzeitigem erzieherischem Effekt.

„Ying hi“, das Schattentheater mit den Puppen, ist in China seit dem 10. Jahrhundert bekannt. Bereits in der Ming-Dynastie haben Figuren mit bestimmten festgelegten Charaktereigenschaften die Zuschauer fasziniert. Deutlich nachzuvollziehen bei den ausgestellten Puppen sind die typischen Charakterzüge. Die Marionetten als eigene Kunstproduktionen entziehen sich dennoch der Typisierung durch ihre vollkommene, einmalige Identität. Die Ausstellung ist eine lebendige Dokumentation realer Welten. Sich einzulassen, die Wendung nach innen zuzulassen und das Kollektive der anderen Kulturen zu entdecken, dazu fordert die Ausstellung auf.

„Kunst beginnt dort, Wirklichkeit endet“», so Jan Niksinski, der seine Bilder nicht auf kultische Montagen reduziert. Er ist ein Moderner mit individuellen Zeichen und bleibt seiner Stilrichtung treu.

Rheinfelden: Atelier Spiserhus, Hauptwachplatz 4, Marionetten und Bilder von Jan Niksinski (Polen), Dienstag-Freitag 15-18 Uhr und Samstag 10 -16 Uhr bis 18. Dezember

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